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Erst Antibiotikum, dann Probiotikum, dann wieder alles gut?

Die Szene ist in der ärztlichen Sprechstunde ein Klassiker: Aufgrund einer Diagnose wurde ein Antibiotikum verabreicht, schon während der Einnahme traten Durchfälle auf und nach Abschluss der Therapie fühlt es sich im Magen-Darm-Bereich anders an als vorher. Häufig treten Blähungen auf, der Stuhlgang wird unpünktich und die Stuhlbeschaffenheit ändert sich. Es erfolgt die Bitte um ein Medikament, das die Probleme lösen und den Status vor Antibiotikaeinnahme wiederherstellen kann.

Um es kurz zu machen: So einfach ist es nicht.

Studien zeigen, dass nach einer Antibiotikatherapie bis zu 2a ins Land gehen können, bis sich das Darmmikrobiom, wieder erholt hat. Das Antibiotikum eliminiert nicht nur die gewünschten  Bakterien, die zur Erkrankung führen, sondern verändert entscheidendend das Darmmilieu, was zu oben genannten Symptomen führen kann. Aber nicht nur das. Aufgrund einer veränderten Zusammensetzung der Darmbakterien nach einer Antibiotikatherapie kann es längerfristig zu Veränderungenz.B. der Darmwand kommen, die kleine Löcher bekommt und so kleinste Nahrungsbestandteile, die noch nicht zur Resorpton vorbereitet waren,  unter Umgehung einer wichtigen Barriere in den Körper eindringen können. Das Thema Leaky gut syndrom (Syndrom des löchrigen Darmes) beschäftigt die Komplementärmediziner aktuell sehr. Geht man doch mittlerweile davon aus, dass z.B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten hier ihren Ursprung finden können. Das passiert nicht aufgrund einer einmaligen Antibiotikatherapie, sondern aufgrund einer multifaktoriellen Vorbelastung des Organismus, von Schadstoffbelastungen, Stress, Hitzeexposition i. R. des Klimawandels bis hin zu einer schlechten Ausleitungsfunktion des Körpers, der wiederum verschiedene Ursachen zugrunde liegen und vielen Faktoren mehr.

Um dem vorzubeugen, ist es verbreitet, nach einer Antibiotikatherapie ein Probiotikum einzunehmen.  Probiotika sind Stoffe, die lebende Bakterien enthalten, die auch im Darm vorkommen, meistens sind es Milchsäurebakterien oder besondere Hefen. Ist hiermit alles gut?

Es gibt 2 Möglichkeiten. Eine Apotheker*in wird Sie gut beraten und Ihnen ein entsprechendes Probiotikum empfehlen, das die Darmflora wiederherstellen kann.

Im besten Fall bilden sich alle Symptome nach einer 2-4 wöchigen Einnahme zurück und alle Probleme sind beseitigt. Das ist der kurze Weg.

Im anderen Fall bleiben die Symptome bestehen, eventuell verschlimmern die Probiotika den Zustand und dann ist es sinnvoll,den längeren Weg zu beschreiten. Hier hilft eine genaue Analyse des Darmmikrobioms in einem Speziallabor. Jetzt ist exakt ersichtlich, welche Bakterien das Antibiotikum ebenfalls reduziert und wie sich das Darmmilieu im Ganzen dadurch verändert hat. Das ist deshalb von Bedeutung, weil es imDarm 3 grosse Populationen von Bakterien gibt (und viele hundert kleine….), die 1. das Immunsystem trainieren (80% des Immunsystems sin im und um den Darm herum lokalisiert), 2. die Darmschleimhaut ernähren, dass z.B keine kleine Löcher entstehen und 3. dafür sorgen, dass schädliche Keime reduziert und gute Bakterinen angezüchtet werden. Ausserdem ist ersichtlich, wie sich der pH-Wert des Stuhles verändert hat, ob sich Entzündungen eingeschlichen  oder sich Pilze in grösserer Zahl gebildet haben. Hier kann man nun gezielt Einsetzen in der Beratung,  welche Bakterien eingesetzt werden, welche Nahrungsmittel als Substrat für die erwünschten Bakterien zu bevorzugen sind, welche Mikronährstoffe (z.B. Vit E, B-Vitamine, Zink, etc) sinnvoll sind und ob bestimmte Ballaststoffe wie Akazienfasern zum Einsatz kommen, um den Darm wieder so zu verändern, dass die guten Bakterien einen Anreiz zur  Vermehrung bekommen und sies ich dauerhaft dort wieder ansiedeln. Interssant ist, dass die eingesetzten Probiotika nicht für immer im Darm verweilen. Sie bleiben nur ca 4-6 wo dort und ihr Ziel ist es, dem  Mikrobiom wieder auf die Sprünge in Richtung Eigenständigkeit zur Aufechterhaltung der Darmgesundheit zu helfen.

Wir empfehlen in unserer Praxis gerne, bereits während der Antibiotikaterapie ein gutes Hefepräparat einzunehmen, gefolgt von einem Probiotikum nach Beendigung der Antibiotikatherapie .

Was also tun bei den am Anfang geschilderten Problemen? Es ist gut vertretbar,  erst einmal ein Probiotikum aus der Apotheke einzunehmen. Sollte es nicht vertragen werden und die Symptome sich verschlimmern, muss es umgehend abgesetzt werden. Je nachdem, wie empfindlich der Darm reagiert nach Begegnung mit einem Antibiotikum, kann er mit der Einnahme verschiedener Lebendkulturen überfordert sein. Dann ist der längere Weg sinnvoll!

Die gute Nachricht ist: Mit konsequenter Hilfestellung und Geduld  kann dem Darm und damit Ihrer Gesundheit langfristig geholfen werden, auch wenn es ein bisschen dauert! 

 

© Dr. Nicole Lion-Mock