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Fremde Laborwerte oder die Hausaufgaben der Anderen

 

Gar nicht so selten kommt es vor, dass Patienten nach Eintritt ins Sprechzimmer im Rahmen der normalen kassenärztlichen Sprechstunde schwungvoll einen Stapel Unterlagen vorlegen mit der Bitte, diese Laborbefunde doch zu besprechen. Beim genaueren Hinsehen sind es oft Blutwerte aber auch Ergebnisse von Stuhluntersuchungen (Mikrobiom), die auswärts angefertigt wurden. 

Auch wenn wir das Vertrauen unsrer Patienten in uns und unsre Expertise zu schätzen wissen, können wir leider aus unterschiedlichen Gründen diesem Anliegen nicht nachkommen.

Der erste Grund ist, dass wir loyal sind dem Gegenüber, der diese Untersuchungen veranlasst  und diese (hoffentlich) auch mit dem Patienten besprochen hat. Es ist anmassend, ohne nähere Hintergründe zu wissen, Sinn und Zweck einer Untersuchung für sinnvoll oder nicht zu befinden und die Interpretation der erhobenen Befunde steht uns deswegen nicht zu. Jeder Heilkundige hat unterschiedliche Ansätze in Diagnostik und Therapie.

Der zweite Grund ist viel komplexer. Die Befunde, die vorgelegt werden, sind meist von Heilpraktikern,Privatärzten  initiiert und oft aus der eigenen Tasche bezahlt worden. Leiten wir in unserer naturheilkundlichen oder Gesundheitssprechstunde Untersuchungen in die Wege, steht am Anfang aller Dinge eine intensive und umfassende Erhebung der Krankengeschichte, der Anamnese. Hierdurch kann schon oft auf notwendige Untersuchungen geschlossen und andere ausgeschlossen werden. Je genauer die erhobenen Fakten, um so genauer kann die Diagnostik in die Wege geleitet werden und um so spezifischer sind die Befunde, die es danach zu interpretieren gilt.

 Wir gehen davor aus, dass die Laborbefunde, die gerade vor uns liegen, genauso entstanden sind, nur fehlt uns der gesamte Hintergrund, wie und warum die Werte bestimmt wurden. Deshalb ist es ein Ding der Unmöglichkeit, eben im Vorbeigehen einen ganzen Stapel von Werten zu interpretieren, das kann dem Patienten nicht gerecht werden und uns auch nicht. 

Oft merken die Patienten an, die Interpretation der Werte vom Behandler nicht verstanden zuhaben, es sind Fragen offen geblieben oder man weiss nicht, wie es weiter geht. Dann gibt es nur eines : Wir ermuntern und bestätigen den Patienten, wieder  Kontakt aufzunehmen mit der Praxis, in der die Behandlung erfolgte und in weiteren Gesprächen Klarheit über die Ergebnisse und das weitere Procedere zu bekommen. Dafür wird jeder Verständnis haben und nur das macht ja eine gute Therapeut-Patienten-Beziehung aus, dass der Patient zufrieden und aufgeklärt über Ist-Zustand und weiteres Vorgehen die Praxis verlässt.

© Dr. Nicole Lion-Mock